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AW: AW: Fwd: Re: [ox] RMS in Stuttgart


From: Till Jaeger
Subject: AW: AW: Fwd: Re: [ox] RMS in Stuttgart
Date: Mon, 10 Jun 2002 16:14:22 +0200

-On Monday 10 June 2002 10:40, Till Jaeger wrote:
-> -Und heute funktioniert das "Abkommen" mit den langen Laufzeiten eben
-> nicht -mehr. Deswegen plädiert er für drastisch kürzere Laufzeiten
-> (Filme 20 J., -Bücher 10 J, Software 3 J.). Da ist der Unterschied zu
-> mir (0 Jahre) -nicht mehr so groß. Ich bin halt der Meinung, dass der
-> Zweck für den -Einzelnen und der Progress für alle viel besser ohne
-> Copyright erreicht -werden kann. Das ist ja gerade der subversive Sinn
-> und die Wirkung der -GPL (basiert auf dem Copyright, setzt seinen
-> "Sinn" ausser Kraft).
->
-> Copyleft funktioniert nur, weil es das Urheberrecht gibt und ohne
-> Urheberrecht auch keine Freie Software:
-
-Das stimmt nicht. Oder du bezeichnest die Software vor der großen
-Propretarisierungs-Wende Anfang der Achtziger nicht als "frei" - was ich
-auch hin- und wieder aus "didaktischen" Gründen tue: ohne unfreie
-Software keine freie Software. Das Urheberrecht war für die Tatsache der
-Freiheit damals bedeutungslos, sozusagen "neutral".

Diese Aussage hilft nicht weiter. Nur weil ehedem Software (faktisch) ohne
Restriktionen zusammen mit der Hardware vertrieben wurde, war sie noch nicht
frei. Software wurde auch nicht wegen des Urheberrechts unfrei, sondern weil
es als Wirtschaftsgut entdeckt wurde (neben der Hardware) und damit die
Versuchung bestand, Software rechtlich und technisch unzugänglich zu machen.


-> Wenn ein freies Programm von Unternehmen X weiterentwickelt wird (z.B.
-> in einer Art und Weise die für alle von Bedeutung ist) und X dann den
-> Sourcecode nicht zur Verfügung stellt, ermöglicht die GPL, X zur
-> Offenlegung des Sourcecodes zu zwingen - eben weil sich Copyleft des
-> Urheberrechts bedient. Ansonsten bestünde keine Möglichkeit, die
-> Freiheit durchzusetzen.
-
-Das stimmt genauso wenig: Die Freiheit funktionierte früher auch ohne
-Copyleft.

Auch hier: Die Aussage hilft nicht weiter. Nur weil damals der Sourcecode
freiwillig mitgeliefert wurde, würde eine "Abschaffung des Urheberrechts"
diesen Zustand nicht wieder herbeiführen. Damals wurde der Sourcecode doch
deswegen mitgeliefert, weil die Hardware als das Wirtschaftsgut angesehen
wurde und man Soft- und Hardware nicht als getrennte Güter ansah. Der
Freiheitsaspekt spielte dabei überhaupt keine Rolle, allenfalls aus
pragmatischen Gründen wurden Änderungen der Software ermöglicht.

-Ich ziehe für heute den Schluss daraus: Es muss auch nicht
-immer so sein wie es ist.

Es muss in der Tat nicht immer so sein, wie es ist ;-) Es wird aber auch
nicht mehr wie es war.

-Copyleft ist eine Art Notwehr-Freiheit, und das
-ist ok. Es geht aber auch grundsätzlich anders. Und wenn RMS über drei
-Jahre "Schutz"-Frist für das Copyright nachdenkt, dann geht das in die
-richtige Richtung, nämlich in die auf Abschaffung des Urheberrechts.

Hier kann ich der Logik nicht folgen. Wie soll es "grundsätzlich anders
gehen"? Wie soll jemand gezwunden werden, seinen Sourcecode herauszugeben,
wenn er sich weigert?
Es muss das rechtliche Verbot (Urheberrecht) vom technischen Verbot
(Sourcecode schließen) unterschieden werden. Was hilft die rechtliche
Freiheit, wenn die technische Freiheit fehlt? Freiheit muss auch wahrnehmbar
und im Notfall erzwingbar sein - sonst ist sie wertlos. Deswegen sind
Copyleft-Lizenzen wie die GPL in diesem Punkt auch wesentlich "strenger" als
BSD-Lizenzen u.ä.


-Dass
-man es nicht "einfach so" abschaffen kann, ist mir klar. Ich bin nur
-immer wieder erstaunt über die Verweigerung, darüber überhaupt nachdenken
-zu wollen. Ein Tabu.

Ohne abschweifen zu wollen: Es scheint derzeit sehr beliebt zu sein, zu
versuchen, sich mit einem "Tabubruch" hervortun. Von mir wurde lediglich
anhand eines Beispiels erörtert, warum die durch die GPL vermittelte
Freiheit auf dem Urheberrecht beruht und warum das Urheberrecht zur
Freiheitssicherung benötigt wird. In der Diskussion helfen allgmeine
Aussagen zum Tabu nicht weiter, wenn es an einer Auseinandersetzung mit den
aktuellen Problemen fehlt.


-> Es ist nicht so (auch nach den herkömmlichen
-> Urheberrechtstheorien), dass das Urheberrecht lediglich zur Erzielung
-> von Einnahmen dient. Sinn und Zweck der GPL ist es, die
-> urheberrechtlichen Befugnisse in anderer Weise als meist üblich zu
-> benutzen, nämlich zur   der Freiheit.
-
-Das stellt RMS in dem Talk (auch erst nach einer Frage) klar, dass eine
-Befristung des Copyrights nicht ausreicht, da die GPL mehr regelt als nur
-die Kopierfreiheit.

Diese Aussage verstehe ich leider nicht.


-> Es macht m.E. keinen Sinn das Kinde mit dem Bade auszuschütten, nur
-> weil es Kritikpunkte an dem gegenwärtigen Urheberrechtssystem gibt.
-
-Gut, das ifrOSS wäre sonst auch überflüssig;-)

Wieso das denn? Das ist weder richtig noch dient das der Diskussion.


-Ich meine: es macht Sinn. Praktisch wird das Urheberrecht sowieso
-zunehmend außer Funktion gesetzt (das Stichwort der sog. "Raubkopien").

Das ist schlicht falsch. Außerdem zeigt u.a. das oben genannte Beispiel,
dass die Raubkopierproblematik nichts mit der Sicherung von Freiheit zu tun
hat.

-Die Kritik die kommt, geht ja meist in eine völlig andere Richtung -
-nämlich die der Verschärfung und Sanktionierung. Und da gilt es auf der
-Seite der Freiheit zu stehen, und dass kann man konsequent eigentlich
-nur, in dem man die ganze antiquierte Urheberrechtslogik in Frage stellt.

Wieder helfen Allgemeinplätze nicht weiter. Richtig ist die Beobachtung,
dass man mit einer Verschärfung des Urheberrechts vermutlich nicht die
Lösung der Probleme erreicht. Aber wieso daraus die Abschaffung folgern? Die
Abschaffung des Urheberrechts fordern, heißt nicht an der "Seite der
Freiheit stehen".

-Btw: Wieso benutzt das ifross eigentlich "Outlook"??

Das ifrOSS benutzt kein Outlook, aber ich - weil ich in meinem Büro sitze
und dort Outlook verwendet wird. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es
jedem freisteht, ob er schlechte oder gute oder bequeme oder Freie Software
benutzt oder nicht. Auch das ist Freiheit.

Ich kann weiterhin nicht erkennen, warum die Abschaffung des Urheberrechts
freiheitsdienlich sein soll. Diejenigen, die Ihre Werke freigeben wollen,
können dies tun und werden urheberrechtlich darin geschützt. Die GPL erhält
nur die Kraft, die sie auszeichnet, weil Sie durch das Urheberrecht ihre
Durchsetzungsfähigkeit erlangt.

Till Jaeger

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Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS)
        Blücherstraße 7 | 80634 München
        Tel.: +49.89.139 583 67 | www.ifross.de
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